Padel-Boom rettet deutsche Tennisvereine

Selbst die kalten Temperaturen Anfang Dezember konnten die Mitglieder eines Padelclubs rund 80 Kilometer nördlich von Frankfurt nicht davon abhalten, sich zum letzten Turnier der Saison zu treffen.

„Padel ist zur Leidenschaft geworden“, erzählt Marco Otto, der diesen neuen Sport vor etwa zwei Jahren für sich entdeckte. „Es ist ein schnelles, dynamisches Spiel.“ Padel stehe mehr für Spaß und Gemeinschaft als für Wettkampf.

Wenig Aufwand, großer Spaß

Padel gehört zu den am schnellsten wachsenden Sportarten weltweit. Die kleineren Spielfelder ähneln denen des Tennis, mit einem Netz in der Mitte und zwei Aufschlagfeldern. Der entscheidende Unterschied: Das Feld ist teilweise von Glasscheiben umgeben, ähnlich wie beim Squash. Diese können ins Spiel einbezogen werden, um den Ball abprallen zu lassen. Gespielt wird mit kurzen Kunststoffschlägern.

„Der größte Unterschied zu anderen Rückschlagsportarten ist, dass man nicht viel investieren muss, um Spaß zu haben“, erklärt Jan Weitzel. „Padel ist leichter zu erlernen als andere Sportarten, besonders für Kinder und Jugendliche mit einer geringeren Frustrationstoleranz.“

Im Vergleich dazu sei Tennis viel trainingsintensiver, so der Jugendtrainer. Beim Padel könne man bereits nach wenigen Trainingseinheiten erste Erfolgserlebnisse erzielen.

Tennis rentiert sich nicht mehr

Der Verein in Niederwalgern ließ vor zwei Jahren die neuen Padelplätze bauen, nachdem er sich zuvor ausschließlich auf Tennis konzentriert hatte. Doch Tennis allein war langfristig nicht mehr profitabel, da wie bei vielen anderen Vereinen in Deutschland der demografische Wandel Probleme verursachte.

„Wir hatten eine überalterte Mitgliederstruktur, rückläufige Mitgliederzahlen und kaum Neuzugänge. Irgendwann konnten wir keine Mannschaftsspiele und nur noch wenige Trainingseinheiten anbieten“, berichtet Vorstandsmitglied Moritz Blömer. Das Interesse am traditionellen Tennis schwand allmählich.

Blömer: „Irgendwann wäre der Verein tot gewesen“

Laut dem Statistischen Bundesamt wird die deutsche Bevölkerung im Durchschnitt immer älter, während die Geburtenrate sinkt. Das wirkt sich nicht nur auf den Arbeitsmarkt und die Renten aus, sondern auch auf Sportvereine, die zunehmend ihre Basis verlieren.

Ältere Mitglieder ziehen sich aus aktiven Vereinsfunktionen zurück, während junge Mitglieder als Nachfolger fehlen. Streamingdienste, soziale Medien und Videospiele werden immer beliebter und verdrängen traditionelle Sport- und Vereinsaktivitäten.

„Mit der schrumpfenden Mitgliederzahl hätten wir vielleicht noch zehn Jahre weitermachen können“, sagt Blömer. „Aber irgendwann wäre der Verein tot gewesen.“

Der Niedergang von Vereinen hat ernste soziale Folgen, da sie Räume für zwischenmenschliche Begegnungen schaffen und Gemeinschaftssinn, Integration und soziale Kompetenzen fördern.

„Das Tolle am Vereinsleben ist der Teamgeist“, erzählt Padel-Enthusiast Marco. „Man trifft Gleichgesinnte, und oft entwickelt sich daraus schnell Freundschaft. Man trifft sich und hat viel Spaß.“

Der Verein geht Risiken ein und verschuldet sich

Auch für Moritz Blömer war der Verein ein sozialer Anker, als er vor 13 Jahren mit seiner Familie nach Niederwalgern zog. Er trat dem Tennisverein bei und fand schnell Anschluss. Doch um junge Spieler anzuziehen, musste der Verein neue Wege gehen.

„Wir entdeckten Padel als Trendsportart“, erklärt Blömer. „Und wir wollten einfach versuchen, weiterhin etwas Junges, Modernes und Attraktives anzubieten.“

Ursprünglich waren zwei Plätze geplant, doch die Umsetzung war mit einem finanziellen Risiko verbunden. „Die Investition war zehnmal so hoch wie unser Kontostand“, erinnert sich der 41-Jährige. Doch mit Hilfe von Sponsoren, öffentlichen Fördermitteln und einer Erhöhung der Mitgliedsbeiträge konnte das Geld schließlich aufgebracht werden.

Positive Entwicklung in Deutschland

Damit der Plan funktionierte, benötigte der Verein 30 neue Mitglieder – eine große Zahl für eine Gemeinde mit nur 1.400 Einwohnern.

Doch die neuen Plätze waren die ersten im Umkreis von 100 Kilometern. Durch Werbung auf digitalen Kanälen und organisierte Events wurde der Umstieg auf Padel zum Erfolg.

„Wir haben jetzt 80 Padel-spielende Mitglieder. Davon sind rund 40 ehemalige Tennisspieler, die innerhalb des Vereins auf Padel umgestiegen sind“, erklärt Blömer stolz. „Als Verein sind wir in den letzten zwei Jahren um rund 30 Prozent gewachsen.“

Besonders junge Menschen sind dem Verein beigetreten und Teil der neuen Padel-Community geworden. Zweimal pro Woche findet Training statt, eine Mannschaft ist in der zweiten Liga gemeldet und regelmäßig werden Turniere ausgetragen. Auch die Padel-AG der benachbarten Gesamtschule nutzt die Plätze des Vereins.