Deutschland und Frankreich haben offiziell ihre Unterstützung für die EuroStack-Initiative zugesagt – ein ehrgeiziges Projekt, das Europas technologische Abhängigkeit von den USA verringern und eine eigenständige digitale Infrastruktur aufbauen soll. Auch wenn bislang keine konkreten Details veröffentlicht wurden, eröffnet das gemeinsame Bekenntnis beider Länder neue Perspektiven für zukünftige Verhandlungen und politische Kooperationen auf EU-Ebene, wie Euractiv berichtet.
Ziel der EuroStack-Initiative ist es, die technologischen Kapazitäten Europas zu harmonisieren und ein souveränes, innovationsgetriebenes digitales Ökosystem zu schaffen. Angesichts ihres weitreichenden Umfangs wirft das Projekt jedoch Fragen zur Finanzierung und praktischen Umsetzung auf – erste Schätzungen gehen von öffentlichen Investitionen in Höhe von mehreren hundert Milliarden Euro aus. Darüber hinaus fordert EuroStack die Etablierung einer einheitlichen europäischen Industriepolitik, die derzeit auf EU-Ebene noch fehlt.
Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag eindeutig zu EuroStack bekannt. Auch Frankreichs Ministerin für Künstliche Intelligenz und Digitales, Clara Chappaz, bestätigte gegenüber Euractiv, dass Paris die Initiative ausdrücklich unterstützt.
Strategische Weichenstellung für digitale Unabhängigkeit
Hinter dem Konzept von EuroStack steht die renommierte Wettbewerbsexpertin Cristina Caffara. Der im Januar veröffentlichte Plan orientiert sich an den Empfehlungen des Wettbewerbsberichts von Mario Draghi und fordert den Aufbau eines europäischen digitalen Binnenmarkts, der durch gezielte Förderung lokaler Technologien gestärkt werden soll. Ziel ist es, die Marktmacht nicht-europäischer Technologiekonzerne zu brechen und europäische Alternativen zu etablieren.
Ein zentrales Element des Konzepts sind „Buy European“-Strategien bei der öffentlichen Beschaffung. Zudem sollen gezielte Anreize für private Unternehmen geschaffen werden, damit diese in europäische Technologien investieren und regionale Anbieter unterstützen.
Bereits im vergangenen Monat hatte eine Allianz europäischer Technologieunternehmen einen Brief an die Europäische Kommission gerichtet. Darin forderten sie einen europäischen Infrastrukturfonds zur Stärkung der digitalen Souveränität und erklärten gleichzeitig ihre volle Unterstützung für die EuroStack-Initiative.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Die Integration zahlreicher technologischer und industrieller Komponenten in eine einzige europäische Strategie stellt eine erhebliche Herausforderung dar. EuroStack sieht vor, eine digitale Industriepolitik auf EU-Ebene zu entwickeln, die nationale Ressourcen bündelt und gezielt in Schlüsselbereiche wie Künstliche Intelligenz und Cloud-Technologien investiert. Doch genau an diesem Punkt liegt ein grundlegendes Problem: Eine einheitliche europäische Industriepolitik gibt es bislang nicht. Unterschiedliche wirtschaftspolitische Prioritäten der Mitgliedstaaten erschweren die Abstimmung.
Zwar bekennen sich sowohl Berlin als auch Paris klar zur EuroStack-Strategie, doch verfolgen beide Länder teilweise unterschiedliche technologische Ansätze. Diese Differenzen reichen von der Gestaltung von Hochgeschwindigkeitsnetzen bis hin zur Energiepolitik – etwa der kontroversen Frage, ob Atomkraft als erneuerbare Energiequelle anerkannt werden sollte. Auch in Fragen der Cloud-Sicherheit bestehen unterschiedliche nationale Standards, die die Umsetzung eines gemeinsamen Rahmens zusätzlich erschweren.
Die erfolgreiche Umsetzung von EuroStack würde einen historischen Paradigmenwechsel bedeuten: Erstmals müsste die EU eine kohärente und durchsetzbare Industriepolitik entwickeln. Doch bislang fehlt es an klaren Definitionen und einem verbindlichen Fahrplan. Auch die Europäische Kommission hat sich noch nicht offiziell zu den Inhalten und Zielen der Initiative geäußert.